Dinge von gestern, Dinge von heute, Dinge von morgen (3)
Dinge von gestern: Das Douchebag-Neck
„Hey du, ich habe dich letzte Woche in der Großraumdisko gesehen. Mit deiner glattrasierten Brust, deinem durchtrainierten Stiernacken und dem H&M Rosenkranz bist du mir sofort aufgefallen. Wir haben zusammen zu David Guetta getanzt und Wodka-Energy getrunken. Noch heute habe ich den Geruch von Million 1 (by Paco Rabanne) in der Nase. Aber am meisten bleiben mir deine braungebrannten Muskeln in dem knappen Shirt mit dem tiefen V-Ausschnitt in Erinnerung.“ - 2012 sucht sein Must-have des Jahres.
Dinge von heute: Minions
Die Minions sind so sehr ein Ding von heute, dass mein (deutsches) Rechtschreibprogramm von gestern den Begriff noch rot unterkringelt. Ich würde am liebsten gleich das ganze Franchise rot unterkringeln, anzünden und im Orcus der Bedeutungslosigkeit verschwinden lassen - so sehr gehen mir diese dauerfröhlichen Zäpfchen auf die Nerven.
Die Minions waren für mich zunächst ein Phänomen, das ich im Hartz-4-Milieu verortet hatte. Inzwischen hat sich das Gelbfieber aber auch bis in die höchsten Kreise unserer Gesellschaft ausgebreitet. Wo man hinschaut sieht man erwachsene (sic!) Menschen, die sich wahlweise als gelbes Tic Tac mit Schweißerbrille verkleiden, die bescheuerten Figuren im Jamba Sparabo als Handy-Wallpaper herunterladen oder Motivationssprüche mit urheberrechtlich geschützten Inhalten auf Facebook posten.
Süß, putzig, frech und gelb sind die dauerpräsenten Quälgeister und unterscheiden sich damit nur marginal von einer Krabbelgruppe mit Ikterus. Trotzdem gibt es inzwischen Minion Kuchen, Shampoo, Kekse, Kuscheltiere, USB-Sticks, Lavalampen, Hüpfbälle, Trinkbecher...
Ich freue mich jetzt schon, wenn der ganze Dreck wieder da landet wo er hingehört: auf den Fliesentischen der Frauentausch-Familien bei RTL2.
Dinge von morgen: Ausbildungsberufe
„What goes around comes around“ ist nicht nur der Titel eines Justin Timberlake-Liedes, sondern beschreibt auch, dass die meisten Entwicklungen zyklisch verlaufen. In der Mode beispielsweise gibt es regelmäßig Revivals, sei es der Hippie-Look oder sogar das Tragen von Schulterpolstern.
Ähnlich verhält es sich bei der Berufswahl. Ausbildungsberufe sind aktuell out. Die typischen Karrieren der Bonner Bundesrepublik, bei denen man die Chance hatte sich vom Azubi in die Vorstandsetage hochzuarbeiten, sind für die gegenwärtige Generation nicht wiederholbar. Ohne Abitur heißt es heute vielfach „Für dich heute leider nicht“.
Ein duales Studium muss es mindestens sein. Sei es in der Bank oder bei der Polizei, früher klassische Domänen der Ausbildungsberufe. Die Anforderungen, die an junge Berufseinsteiger gestellt werden, steigen ins Maßlose. Diese Problematik wurde von Zwei für'n Weg bereits aufgenommen. Als Reaktion glauben viele dem Erwartungsdruck nicht standhalten zu können und nehmen eine Verweigerungshaltung ein (und wählen im schlimmsten Fall die AfD). Sie fühlen sich als Modernisierungsverlierer, weil sie denken, dass die mulitkulturelle, liberale und internationale Gesellschaft ihnen nur Nachteile bringt. Kein Wunder, wenn man die Hauptschule komplett entwertet und das Abitur zum heiligen Gral stilisiert. Das schadet allen, der Gesellschaft, aber auch der Wirtschaft. Denn ist es nicht so, dass in vielen Branchen wie z.B. dem Bäcker- oder Metzgergewerbe geklagt wird, dass es zu wenig Bewerber für Lehrstellen gibt?
Das wiederum ist bedenklich, denn der Mittelstand ist schon immer der Motor der deutschen Wirtschaft gewesen. Mittelfristig wird es so kommen, dass das Erwartungsgebäude der Industrie in sich zusammenbricht, weil die potenziellen Bewerber es leid sind sich als minderwertig abstempeln zu lassen. Und wer baut es dann wieder auf? Maurer, Schreiner, Elektriker und Dachdecker. Allesamt Ausbildungsberufe.
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