Dinge von gestern, Dinge von heute, Dinge von morgen (7)
Dinge von gestern: Bionade
Vorneweg möchten wir sagen, dass wir Bionade keinesfalls schlecht reden möchten. Wir haben Braumeister Dieter Leipold viel zu verdanken. Er hat mit seinem Limonaden-Rezept den Softdrink-Markt aufgerüttelt hat und die Vormachtstellung der Riesen PepsiCo und Coca-Cola zumindest in Frage gestellt hat. Bionade war mehr als eine eine aus biologisch-kontrollierten Rohstoffen hergestellte Limonade. Sie war eine Revolution. Nicht so süß, die Standard-Geschmacksrichtungen ignorierend und frisch. Sie ebnete den Weg für viele lokale, kleine und mittelständische Betriebe die nun ihre eigenen Softdrinks in die Kioske und Burgerläden dieser Republik liefern. Danke dafür. Eine Kiste Bionade in der Vorratskammer zu stehen war ein Statement. Seht her, ich entsage der Cola und unterstütze dieses sympathische Bio-Unternehmen.
Leider hat sich die Bionade von diesem Standpunkt an nur noch vertikal weiterentwickelt. Trotz der Skalierung nach oben blieb die Innovation in der Produktpalette aus. Mit dem Erfolg kam zudem der Mainstream. Unter den Coca-Cola/Pepsi Alternativen ist Bionade inzwischen der Riese und wird von den bourgeois Hipstern neben den neuen, lokalen Rhababer-Bio-Schorlen eher stehen gelassen. Zwar kann sich Bionade inzwischen leisten in Restaurants im festen Sortiment zu stehen und ihre Vertragspartner mit Schirmen, Kühlschränken und Bierdeckeln zu versorgen, aber das lässt auch schon erste Parallelen zu den Geschäftsmodellen der großen Braukonzerne erkennen, die bereits die deutsche Bierkultur auf dem Gewissen haben. Der trendbewusste Trinker erkennt sowas.
Dinge von heute: lokale Softdrinks
Es ist Sonntag, 25 Grad, der Lorenz brüllt vom Himmel. Ab zum nächsten Wasserloch, sei es das Freibad, der Kanal oder ein Baggersee. Auf dem Weg noch schnell beim Kiosk des Vertrauens vorbei und ein Erfrischungsgetränk kaufen. Die Kühlschränke sind prall und farbenfroh gefüllt. Das ist relativ neu, denn während früher Coca-Cola als Platzhirsch höchstens von ein paar verirrten Pepsis eingerahmt wurde, wird heute eine Vielfalt lokaler Softdrinks feilgeboten. Doch hält der Geschmack mit dem hippen Design mit? In den meisten Fällen lautet die klare Antwort „Nein!“. Auch noch soviel Lokalpatriotismus, ein erhöhter Koffeingehalt und ein Spritzer Zitronenaroma können die Schwächen des Kernprodukts nicht gänzlich überdecken.
Die Klaviatur der Cola-Geschmacksrichtungen ist endlich. Zudem sind die Macher hinter den meisten lokalen Softdrinks Amateure in der Lebensmittelindustrie. Das muss grundsätzlich nichts schlechtes sein, Pioniergeist ist lobenswert und ein Innovationsmotor. Aber kann man sich als Pionier bezeichnen, wenn man auf einen Zug aufspringt, der bereits mehrere hundert Mitfahrer hat? Auch hier dürfte die Antwort nein heißen. Der Vergleich mit den ubiquitären Burgerläden drängt sich auf. Im Bereich der Softdrinks gibt es allerdings noch einen anderen problematischen Faktor. Mit fritz-cola hat sich ein Marktführer unter den alternativen Softdrinks etabliert und das nicht zuletzt durch ziemlich aggressives Marketing. Unsere Prognose: Die Ära der lokalen Softdrinks wird vorbei sein, bevor sie richtig begonnen hat.
Dinge von morgen: Sarsaparilla
Als ich das erste mal ein Mate Erfrischungsgetränk getrunken habe, dachte ich ich hätte mich vergriffen und aus Versehen die halbvolle Wasserflasche erwischt, in der das ganze Wochenende schon abgebrannte Zigarettenstummel gesammelt wurden. Ein prüfender Blick zeigte keine Zigarettenstummel in der Flasche Club Mate, doch die Farbe machte mich misstrauisch. Ähnlich ging es mir mit dem ersten Schluck Sarsaparilla, den ich in der Bundaberg Ginger Beer Brauerei in Australien trank. Ich war mir nicht ganz sicher, ob mir bei der Blindverkostung die Kellnerin nicht zur Belustigung einen Sud aus gebrauchten Mullbinden und Hansaplast serviert hatte.
Aber genau wie der Geschmack von Mate mich zunächst angewidert, dann neugierig und schließlich überzeugt hat, ist auch der Geschmack von Sarsaparilla keiner der die große Liebe beim ersten Schluck hervorruft, sondern einer der kultiviert werden muss - wie Rauchen zum Beispiel. Wer es häufiger probiert wird es dann entweder lieben oder hassen. Damit erfüllt Sarsaparilla alle erdenklichen Kriterien für das Trendgetränk von morgen. Denn auch andere Softdrinks haben es eher durch ihre Gewöhnungsbedürftigkeit zum Erfolg geschafft. Namentlich seien hier die bereits erwähnte Club Mate, Almdudler sowie der Klassiker Tonic Water genannt. Ein ganz ähnlicher Trend lässt sich im Übrigen auch für Spirituosen feststellen. Gin, Whisky und Tequila sind klassische Feuerwasser, die lediglich vom Connoiseur nach wiederholtem Probieren wirklich genossen werden können. Alle anderen verziehen beim Trinken eher das Gesicht oder reden Quatsch.
Sarsaparilla ist zudem kein wirklich feststehender Begriff für einen bestimmtes Geschmacksergebnis. Auch wenn das Produkt, dass unter diesem Namen als Getränk verkauft wird im gröbsten Sinne eine aromatische Gemeinsamkeit hat, variiert der Geschmack der einzelnen Sorten von Hersteller und Herkunftsland ganz gewaltig (anders als Cola beispielsweise). Damit ist auch schon der Markt für die individuellen Genusstrinker von heute eröffnet, der sich nicht mehr mit schnöder Bionade zufrieden gibt. Zudem lassen sich in der Rezeptur viele unterschiedliche Gewürze, Wurzeln und andere Pflanzenbestandteile (aus biologischem Anbau natürlich) verarbeiten. Eine einmalige Gelegenheit sich im bunter gewordenem Softdrinksegment ausgefallen zu diversifizieren. Unsere Prognose: sobald die Mixology den richtigen Longdrink kreiert hat - Sarsaparilla mit Spiced Rum zum Beispiel - wird die schwarze Plörre auch bei uns groß.
0 Kommentare:
Post a Comment