Dinge von gestern, Dinge von heute, Dinge von morgen (1)
Dinge von gestern, Dinge
von heute, Dinge von morgen ist der neue Stil-Kompass für den urbanen
Menschen, der am Puls der Zeit lebt und wird nun regelmäßig hier erscheinen.
Dinge von gestern:
Echtpelzkragen
Auf einmal war es in unserer turbo-veganen und politisch
korrekten Gesellschaft wieder vollkommen in Ordnung totes Tier um sein Haupt zu
tragen, als wären die vielen Farbbeutel von Greenpeace und Peta Aktivisten vollkommen
zu unrecht auf den teuren Zobeln der feinen Gesellschaft gelandet. Der bewusste
Bohème trug im winterlichen Großstadt-Dschungel jetzt Kojote, Waschbär und
anderes Ungeziefer an seiner Teflon-beschichteten Daunenjacke und bewies damit
nicht nur Stilbewusstsein, sondern auch ein aufgeklärtes Verständnis für den
Artenschutz in der kanadischen Taiga und Tundra. Denn der an modischen Jacken
beliebte nordamerikanische Kojote (oder Waschbär) gilt - wie jeder weiss - als
eine gefährliche Plage, deren kontrollierter Abschuss und Weiterverarbeitung zu
Funktionskleidung ein wichtiger Beitrag zur Pflege kanadischer Biodiversität ist.
Auch der Öko- und Tierschutzprimus China erkannte bald die
Pelztrendwende und verschönerte fortan billige Modeartikel mit dem Haar der
gemeinen Hauskatze oder dem in China als Plage geltenden Straßenköter.
Schlussendlich war es dann weniger der fortschreitende Klimawandel, der das
Tragen von einer Canada Goose Jacke (die ursprünglich für den Einsatz am
Polarkreis designt wurde) in der deutschen Einkaufspassage obsolet machte. Vielmehr
entfiel der Nutzen als Statussymbol, nachdem man schon für weniger als 60€ das
Fell eines sibirischen Fuchses an seiner Kapuze befestigen konnte. Somit hat
der Kommerz die einst strittige Ware, die ein kurzes Comeback feierte, wieder
zurück ins Gestern befördert. Schade.
Zugegeben, bei Eis und Schnee macht das Fell im Gesicht Sinn. Ein Bart tut es allerdings auch.
Dinge von heute: Leipzig
„Ich will nicht nach Berlin“, skandierte im Jahr 2012
eine Band von Gestern. Aber wohin wollen die Leute denn dann? Lange war die
Verlegenheitsantwort auf diese Frage dann doch Berlin, denn so richtig hat
keiner beim Blick nach Sachsen an den Pappschildern von Pegida und AfD vorbeigeschaut.
Doch irgendwo hinter den wütenden Bürgern und dem besorgtem Volk verbirgt sich
heimlich Leipzig, dass schon lange nicht mehr als Hidden-Champion gilt, sondern
als der kleine Bruder der hippen Bundeshauptstadt. Arm aber ungentrifiziert
sollte sich die kreisfreie Großstadt auf die Fahnen schreiben. Nach aktuellem
Mietspiegel für Leipzig kostet der Quadratmeter in einer Wohnung zwischen 51 -
70 m2 gerade einmal 7,63 €/m2 (Stand: Januar 2016).
Im Vergleich liegen die Kosten in Berlin bei 15,26 €/m2 (Stand: Januar 2016).
Mit über einer halben Million Einwohner gehört die Sachsenperle sogar zu den
größten Städten in Deutschland und gleicht mit seinen zahlreichen Flüssen und
Kanälen tatsächlich fast seinem großem Vorbild im Nordosten. Einziger Nachteil:
Leipzig ist immer noch in Sachsen. Obwohl das Bundesland angeblich immer lacht,
ist es das aktuelle Schmuddelkind der Republik.
Verwechslungsgefahr. Das ist nicht Leipzig.
Dinge von morgen: die
Meggings
Nur schwer lässt sich die Zukunft voraussagen. Besonders
wenn es um Mode geht, liegt der Vorwurf schnell nahe, dass es diesen oder jenen
Trend schon gegeben hat und er nur wieder aufgewärmt wurde. Die Leggings für
Männer oder Meggings ist ein solcher Trend, der sowohl in den 80ern von den
Pionieren der Glam-Metal-Bands vorangetrieben wurde und in den 90ern durch
Aerobicvideos und Raves wieder ein Comeback feierte. Zu plakativ wurden
allerdings die Meggings bisher durch Vertreter von Randgruppen als Symbol der
Nichtidentifikation mit der modischen Norm getragen, um einen festen Platz
neben der Skinny-Jeans oder Chino zu finden.
Aber das 21. Jahrhundert folgt seinen eigenen Gesetzen und
nachdem Soccer-Moms und modisch-bewusste It-Girls weltweit die Yoga-Pants schon
für Frauen mehr als salonfähig gemacht haben, steht dem Einzug der Meggings ins
Establishment nicht mehr viel im Weg. Warum? Weil sie einfach so verdammt gut
aussieht, gemütlich ist und sich über das Etikett des sportlichen Nutzens
heimlich Akzeptanz bei der potentiell konservativen Trägerschaft verschafft.
Waren die Männerstrumpfhosen bisher häufig mit adjektiven
wie „schwul“ oder „tuntig“ gelabelt, werden den
wenigsten Männern beim Anblick von Top-Athleten wie Usain Bolt in
Kompressionswäsche homophobe Bezeichnungen über die Lippen kommen. Wie einst
der Sneaker es vom Tennisplatz in die Freizeitkleidung schaffte, wird auch die
Meggings, Kompressionshose oder Running-Tights gewiss ihren festen Platz im
männlichen modischen Alltag finden.
Der Trend lässt sich nicht mehr aufhalten. Meggings kommen.
TF
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