Dinge von gestern, Dinge von heute, Dinge von morgen (6)

Dinge von gestern: Burgerläden




Burgermeister, Gut Burgerlich, Burgeramt, Wutburger, Mutburger, Besorgter Burger, Burgersteig. Burgerläden haben bei der Kreativität ihrer Namenswortspiele Friseursalons (Eine Frage der Schere, Kopfsalat, Kaiserschnitt, Hin & Hair) von der obersten Stufe auf dem Treppchen verdrängt. 
Eigentlich wäre damit schon alles gesagt. Aber nur eigentlich, blickt man nicht auf die angebotenen Speisen. Vorab: Burger essen ist vollkommen akzeptabel, oft auch lecker. 
Problematisch wird es allerdings, wenn der Burger zum neuen Maßstab in Sachen Kulinarik stilisiert wird. In dem Versuch aus der Masse der Anbieter herauszustechen, versuchen sich diese durch die angebotenen Zutaten gegenseitig zu übertrumpfen. Das sowohl in qualitativer, als auch in exotischer Hinsicht. Beides führt selten zu einem überzeugenden Ergebnis. Das ubiquitäre Filet vom Simmentaler Weiderind hat in einem Burgerpatty absolut nichts verloren, denn ein Burgerpatty muss nach dem Braten vor allem noch saftig sein. Dazu braucht es einen relativ hohen Anteil an fettigem Fleisch, ergo kein Filet. Auch Dry-Aged Beef ist auf einem Burger reine Verschwendung. Diese Tatsache haben die meisten Betreiber nicht auf dem Schirm.
Letzere sind zudem zwar hoch motiviert und kreativ, sodass zuweilen auch schon mal Kumquat, Kaki oder Brunnenkresse auf dem Burger landet. Allerdings besitzen die "Pioniere" in vielen Fällen außer einer Idee und haufenweise Enthusiasmus keinerlei Erfahrung in Küche, Service oder Betriebswirtschaftslehre. 

Dafür sehen dann die Läden sehr ansprechend aus, haben eine ausgefallene Karte und ein ansprechendes Corporate Design. Dennoch bleibt das Kumpelprojekt Burgerladen - das 2010er Jahre Äquivalent zu “we should open a bar” - nicht nur hinter den Erwartungen an den Hype zurück, sondern stellt sich für viele Betreiber schon nach wenigen Monaten als finazielles Debakel heraus.

Dinge von heute: Dumplings




Ahhhhhh Dumplings. Dum- was? Dumplings sind die kulinarische Konsequenz in einer Gesellschaft, die am liebsten gleich sämtliche Essenkomponenten in einer Speise zusammengefasst essen will. Nachdem Burger inzwischen etwas aus der Mode gekommen sind und auch die Sandwich-Kette Subway endlich den verdienten Rückzug angetreten hat, braucht die Welt einen neuen Weg die Trias von Getreide-basierten Kohlenhydraten, Fleisch und Gemüse in einem Happs zum Munde zu führen. Da nun die Dominanz der amerikanisch geprägten Snackkultur langsam gebrochen ist, geht der Blick also nach Asien.

Zur Erklärung: Die Dumplings, von denen hier die Rede ist, sind die asiatische Antwort auf die Tortellini - ohne die schweren Sahne- und Tomatensoßen. In den gedämpften (und teilweise gebratenen) Teigtaschen befinden sich meist eine Hackmasse aus Schwein-, Lamm-, Rind-, Hühner-, Krebs- oder Shrimpfleisch. Zusammen mit verschiedenen Gemüse-, Kräuter- und Gewürzmischungen werden in Bambuskörben über Wasser gedämpft und/oder gebraten. Die Vielfalt an Kombinationen und Darreichungsformen ist dabei schier unendlich. Dumplings gibt es als Dim Sums, Jiaozi, Wonton, Mandu und vielen anderen Arten, je nachdem aus welchem Land sie kommen. Dampfend heiß werden sie dann in eine Soße aus Essig, Sojasauce und Chilli-Öl getunkt und ganz in den Mund geschoben.

Wenn sie gut gemacht sind, kann man gleich 20 Dumplings von der gleichen Sorte essen und sich danach so glücklich fühlen wie ein Fischotter an einem klaren Dezembermorgen. Nicht zuletzt aus diesem ist das beste (und günstigste) Sternerestaurant der Welt eine Dumpling-Küche. Tim Ho Wan expandiert seit Durchbruch der Dumplings fleißig in alle Länder dieser Welt. Leider nicht so sehr in Europa, denn Dumplings sind hier noch kein Ding von heute. Bis es soweit ist, können sich die anatolischen Grillbuden in Deutschland noch entspannt zurücklehnen.

Dinge von morgen: Einfach Essen




Wie wir morgen essen werden, steht in den Sternen. Das mag für die einen bedeuten tatsächlich zu schauen, in welchem Sternerestaurant sie morgen essen gehen, für die anderen ob sich die eigene Diät grundsätzlich ändern wird. 
Wir wollen die gewagte These aufstellen, dass der Essenstrend von morgen sein wird einfach zu essen. 
Schon jetzt sind wir alle tierisch genervt von sämtlichen Lebensmittelallergien, Unverträglichkeiten und Aversionen mit denen sich viele Leute wichtig machen und die Industrie extra Umsätze generieren will. Für ein paar Freunde zu kochen macht keinen Spaß mehr. 
Auch wenn wir alle wissen, dass der Fleischkonsum in seiner jetzigen Ausprägung weder gesund, noch nachhaltig ist und sich eine tierlose Ernährung nicht nur aus ethischen Gründen anbietet, wollen wir nicht ständig mit dem engen Korsett des Veganer-Diktats konfrontiert werden. Ebenso verhält es sich mit Low-Carb, No-Carb, Low-Fat, 3-mal-am-Tag, Trennkost und was-auch-immer. Die verschiedenen Ernährungsreligionen werden wir in Zukunft in unserer freien, demokratischen Welt wegen ihrer Einschränkungen genauso ablehnen, wie die richtigen Religionen. 
Ob es nun auf Grund von Klimakatastrophen in 20 Jahren nur noch Insekten und Okraschoten sind, oder eine ausgewogene Ernährung ohne jede dogmatische Verklärung, wir werden einfach essen. Achja, in meine Taufkirche ist jetzt eine Werbeagentur gezogen.


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